Die Kraft des Erzählens
Am 5. September 2011 eröffnete die Rektorin der University of Humanistic Studies (UvH) in Utrecht, Prof. Dr. Hans Alma, das neue akademische Jahr 2011 - 2012 unter dem Motto »Die Kraft des Erzählens«.
Rektorin Prof. Dr. Hans Alma (re.) berichtete einleitend u. a. über den Beschluss der Hochschulleitung, nunmehr einen dreijährigen Masterstudiengang anzubieten, der genügend Zeit lässt für die akademische und die berufspraktische Bildung. Zudem griff sie aktuelle Diskussionen in der humanistischen Wissenschaft auf und verwies auf den Ansatz des britischen Soziologen Ken Plummer. Er verteidige einen pragmatischen, kritischen Humanismus und habe eine Form der Sozialwissenschaft vor Augen, die sowohl an der Vielfarbigkeit persönlicher Erzählungen interessiert sei als auch an dem Muster, das entstehe, wenn diese Erzählungen in Prozessen der Interaktion und Gemeinschaftsbildung geteilt werden.
Den Festvortrag hielt Prof. Dr. Halleh Ghorashi (li.) aus Amsterdam. Sie befasst sich mit den Erfahrungen von Migranten und berichtete u. a. aus den Erzählungen niederländischer Frauen, die überwiegend aus anderen Ländern stammen: Iran, Irak, Türkei, Marokko und Surinam. Dabei geht es ihr um das Schaffen von »Zwischenräumen« in der Kommunikation, die für ein Gleichgewicht zwischen Unterschied und Gemeinsamkeiten zwischen den Menschen aus verschiedenen Kulturen sorgen können.
UvH-Dozentin Dr. Anneke Sools vertiefte anschließend dieses Thema durch eine Vorstellung der narrativen Methode, wie sie an der Universität vielfach angewandt wird.
Jochum Damstra, Masterabsolvent der Universität, berichtete von einem Studienprojekt als Mitarbeiter der TV-Sendereihe »Achter de voordeur« (Hinter der Außentüre). Darin kommen fünfminütige Videoberichte von Menschen vor, in denen es um ihre Lebensgeschichten geht.
Es sei natürlich eine gute Sache, sagte er im Rückblick, dass Menschen dort authentisch erzählen könnten; dabei lernten die Rezipienten etwas über den anderen, aber auch über sich selbst. Allerdings bestünde auch die Gefahr, dass solche Geschichten sozusagen verschwinden, wenn sie nur teilweise wahrgenommen werden und beim Schneiden des Beitrags ihren Kontext verlieren.
Jochum forderte die Journalisten auf, den Verbindungen, dem Zusammenhang und der Komplexität des Ganzen einer Geschichte gerecht zu werden und nicht nur für ein redaktionelles Einzelthema Fragmente aus den Erzählungen von Menschen zu verwenden. Diese Forderung formulierte er als einen Beitrag zur Humanisierung des Journalismus.
Der Feierstunde wohnten die Professorinnen und Professoren der UvH sowie ihr verbundene Hochschullehrer anderer Universitäten bei, außerdem die Mitarbeiter und Studierenden sowie deren Angehörige und Bekannten. Sie endete mit einem Empfang im Garten der Universität, bei dem die Impulse der Festveranstaltung noch lange in vielen Gesprächen aufgegriffen und weitergeführt werden konnten.
Alle Fotos: Echtmooij